Das Fenster für diesen Blogpost habe ich Anfang April erstellt. Ich schrieb den Titel rein, und darunter als Stichpunkt: Seit zwei Monaten keine Migräne mehr. Ich hatte keine Ahnung warum. Am 04.04. war mir nur aufgefallen, dass ich erstaunlich lange schon keinen solchen Anfall mehr hatte, mich nichts in die Knie gezwungen hat, ich keinen Termin und keine Verabredung deswegen absagen musste.
Aber ich konnte mir keinen Reim darauf machen, also schloss ich dieses Fenster wieder. März, April war eigentlich eine Scheiß Zeit und mir ging es nicht wirklich gut. Und trotzdem blieb die Migräne weg. Eigentlich komisch. Dann kam der Mai und dann der Juni und alles wurde besser, im Leben und generell, ich wieder mehr ich, Zufriedenheit zurück, wieder in mir ruhend. Und: Weiterhin keine Migräne. Auch bislang nicht, und wir haben schon Mitte September. Wow. Ich habe 16 Jahre zuvor mit regelmäßiger Migräne gelebt. Zuletzt in 2017 bis zu zwei Tage die Woche. Knapp ein Viertel meines Jahres 2017 habe ich im Bett verbracht.
Laut Weltgesundheitsorganisation steht Migräne an sechster Stelle der am stärksten behindernden Erkrankungen. Da sich der Schmerz bei Bewegungen zusätzlich verstärkt, ist Patienten unmöglich, alltägliche Arbeiten auszuführen. Meist leiden sie zugleich unter Übelkeit und/oder einer Überempfindlichkeit gegenüber Licht, Geräuschen, Gerüchen und Hautkontakt. Daher sind sowohl das Berufs-, als auch das Sozialleben stark eingeschränkt. Das Familienleben und die Freizeitplanung sind ebenfalls erschwert, denn die gefürchtete Attacke kann jederzeit sämtliche Vorhaben durchkreuzen. In Untersuchungen gaben 45 % der Patienten an, dass sie aufgrund einer Migräne-Attacke schon auf soziale Ereignisse oder Freizeitaktivitäten verzichten mussten. Die Mehrzahl (90 %) der Betroffenen ist während einer Migräne-Attacke komplett arbeitsunfähig und erleidet einen kompletten Funktionsausfall. Oft bleibt Migräne unerkannt und wird unzureichend behandelt. Mehr als 40 % der Betroffenen werden nicht diagnostiziert.
Ich habe dem “Frieden erst nicht getraut”, wollte mich quasi nicht zu früh freuen und die neue Lebensqualität nicht zu schnell als selbstverständlich wahrnehmen, wollte nichts jinxen. Also habe ich den Gedanken daran, dass ich eigentlich Migräne haben müsste, bestmöglich versucht zu verdrängen. Aber jetzt wollte ich das ganze einmal zum Thema machen, weil dieses Jahr ohne Migräne das schönste ist, das mir je passiert ist. Weil ich so viel in meinem Leben dazugewonnen habe. Ich habe im ersten Blogpost über meine Trigger geschrieben und versuche jetzt zu rekapitulieren, was ich geändert habe. Das mag an mancher Stelle spirituell oder irre klingen, aber wenns hilft? :) Disclaimer: Ich bin kein Arzt und kann keine medizinische Beratung bieten. Was ich anders gemacht habe und welche Tipps ich mitgeben möchte:
Auf mein Bauchgefühl hören
Manchmal bin ich komisch. Dann verabrede ich mich zu einem privaten oder Business Termin und kriege gleichzeitig ein komisches Bauchgefühl. Ich habe die letzten Monate ganz exakt auf dieses Gefühl gehört und versucht es zu ergründen. Gibt es unausgesprochenes, was mich unsicher macht oder stresst? Was will mir das Bauchgefühl sagen und wie möchte ich die Sache lieber angehen? Ich lebe noch mehr und mehr als je zuvor in Einklang mit meiner Intuition. Ich habe so sehr gelernt darauf zu hören, dass es jetzt völlig unnatürlich wäre, sie zu ignorieren.
Such dir jemanden, der dich versteht
Es gibt für jeden einen anderen Weg, der funktioniert. Das kann eine Schmerzklinik sein, ein Facharzt oder dein Allgemeinmediziner, jemand, zu dem du einen guten Draht hast und dich gut aufgehoben fühlst. Das kann ein Medikamentenplan sein oder der regelmäßige Gang zum Heilpraktiker. Bleib für alle Möglichkeiten offen.
Hochdosiertes Magnesium
Ich nehme seit Anfang des Jahres regelmäßig gewisse Präparate, die bei mir von einer Heilpraktikerin empfohlen wurden, die ich wegen meiner Migräne aufgesucht habe und die mich zu verschiedenen Terminen wie auch zu einem großen Blutbild geschickt hat. Aktuell ist das Omega 3, Magnesium, Zink, B12, D3, Biotin. Nicht immer und täglich, aber immer, wenn mir danach ist. Alles hochwertige Präparate aus der Apotheke, vor allem das Magnesium-Pulver finde ich bei angehenden Kopfschmerzen wirklich hilfreich. Ich rühre es in einen Schluck Wasser, immer, wenn ich Sport mache, wenn ich morgens aufwache und mich schlapp fühle, wenn das Wetter umschwingt oder wenn irgendetwas anderes meinen Kopf belastet. Wirklich, Magnesium ist für mich mein wichtigster Baustein meiner migränefreien Zeit.
Kokoswasser
Manchmal, wenn ich merke, dass ich kopfschmerzig und schlapper werde, hole ich mir ein Kokoswasser. Klingt wie ein Placebo, aber: Kokoswasser (ich mag das von Innocent) hat mir immer ein frischeres Gefühl im Kopf gemacht, ohne das ich das erklären konnte, eine Google-Runde später weiß ich, dass es isoton ist, basisch, viele Vitamine, Minerallstoffe und Spurenelemente enthält. Hier gibt es mehr Infos zu Kokoswasser.
Ernährung
Ich habe früher oft Migräne bekommen, wenn ich zu spät, zu unregelmäßig, zu lange nichts oder zu durcheinander gegessen habe. Das hat das geführt, dass ich mir total den Kopf zerbrochen und mich selbst verrückt gemacht habe, wenn ich es zum Beispiel nicht geschafft habe, zu frühstücken. Je mehr man über etwas nachdenkt und sich reinsteigert, desto mehr zieht man genau das dann auch an. Ich habe irgendwann bemerkt, dass ich überhaupt nicht mehr (nicht mehr als nötig) darüber nachdenke, was ich wann esse. Ich funktioniere da fast schon wie ein Roboter, der mit dem Kopf woanders in die Küche tapst und sich mittags eine Lunch Bowl = Resteessen zusammenwirft. Ich habe inzwischen auch meinen Eisenmangel durch Ernährung ausgeglichen und durfte im Juni sogar das erste Mal Blut spenden gehen.
Zopfgummis
Ich trage nur noch die spiralförmigen Riesendinger. Darin ist genug Platz für meine vielen Haare und selbst im Dutt wird der Kopf nicht “abgeschnürt”. Ein regelmäßiger luftiger Haarschnitt und nicht zu viel Gewicht am Kopf hilft auch.
Absetzen der Pille?
Viele schwören darauf und durch die Hormonveränderung eine Verbesserung von Kopfschmerzen und Migräne. Ich habe meine Pille schon 2014 abgesetzt und hatte in 2017 schlimmer Migräne als je zuvor, in Richtung chronische Migräne. Daran kann es für mich persönlich nicht liegen, aber für jeden, der sie noch nimmt und unter Migräne leidet, ist das Absetzen vielleicht eine Idee.
Trigger Rauchgeruch / Parfümladen etc.
Immer, wenn mich etwas triggert: Ich habe mir angewöhnt, die Augen kurz zu schließen und drei Mal tief durchzuatmen. Wie eine Mini-Meditation. Den Kopf ein bisschen abschalten oder taub machen, kurz alles von innen spüren und dann dieses störende Gefühl beim Augen wieder aufmachen einfach “gehen lassen”. Quasi wie einen Vogel, der von meinem geistigen Auge davon fliegt …
Kein Druck
Ich habe, das klingt komisch, gar keine wirklichen Ansprüche mehr an mich selbst. Also: Kaum noch. Ich habe mir immer Druck gemacht. Jeden Tag etwas schaffen, x Aufträge und Beratungen im Monat abarbeiten, nebenbei mindestens 1000 Wörter schreiben, einen Blogpost und ein Video schaffen, auf jede Mail innerhalb von drei Stunden antworten, dabei immer eine sortierte Buchhaltung, auch im Urlaub immer den Laptop dabei, die Steuer für den Vormonat am ersten Tag des neuen Monats abgeben, …
Jetzt: Ich mache mir einfach keinen Druck mehr. Die Welt wird davon schon nicht untergehen, wenn ich etwas nicht schaffe, nicht perfekt sortiere, nicht an Datum x abgebe sondern erst zwei Tage später. Mit dieser “Gelassenheit” werde ich vielleicht nie der ultimative Karrieremensch, aber ein Leben ohne Migräne ist mir dann doch deutlich lieber. Wenn ich etwas schaffe, ist das schön, wenn ich nichts von meiner Liste schaffe, dann habe ich den Tag eben irgendwie anders gut genutzt. Solange ich von meiner Selbstständigkeit leben kann, ist es doch egal, ob ich nur jeden dritten Tag zwölf Stunden am Laptop sitze. Man neigt als Selbstständiger auch dazu, von morgens sechs Uhr bis 22 Uhr am Laptop “abzuhängen” ohne wirklich viel zu schaffen, und ohne zwischendurch abzuschalten. Ich schaffe das gleiche, wenn ich 8 bis 17 was mache und mich effektiver strukturiere. Manches Mal schaffe ich das gleiche Arbeitspensum sogar zwischen 8 und 13. Eine Alles-Egal-Einstellung hat mir geholfen, Ansprüche und Druck von mir zu nehmen, viel entspannter in meiner Selbstständigkeit zu sein. Was mir auch immer hilft: Der Gedanke, wenn es nicht mehr selbstständig funktioniert, dann mache ich eben irgendwas anderes. Ich bin nie zu verbissen an einer Sache dran und habe jeglichen Perfektionismus abgelegt.
Sieh die Migräne als deine “Freundin”
Diese Aussage habe ich aus einer der Videos von Andrea Morgenstern (auf ihrem YouTube-Kanal sind sehr viele Migräne-Videos, reinschauen!) und musste lange für mich darüber nachdenken. Natürlich wehrt man sich intuitiv erst einmal. Etwas, das mir so viel Lebenszeit stiehlt, als meine Freundin sehen? Aber tatsächlich hilft ein positiver Umgang mit der Sache enorm. Ich habe versucht, so ab Herbst letzten Jahres, die Migräne als einen Warnhinweis zu sehen, wie eine Freundin, die mir auf die Schulter tippt, und mir sagt: Hey, du hast dich da übernommen. Wie eine Zwangspause, aber eine positive. Und dann einfach so runterzufahren, dass es mir anschließend immer sehr viel besser ging.
Was belastet deine Seele wirklich?
Ich habe sehr viele Verhaltensmuster durchbrochen, die mich belastet haben. Ohne weiter auf private Situationen einzugehen, kann ich da nur mitgeben, genau zu erörtern, was deine Seele wirklich belastet. Welche Menschen, Situationen, Muster, die sich über Jahre eingeschlichen haben. Lass nicht zu, dass es Dinge gibt, die dich so stark belasten. Das Leben ist nicht dazu da, sich immerzu nur den Kopf zu zerbrechen oder zu streiten. Und: Ich mache keine Pläne mehr. Ich weiß nicht, wo ich in sieben oder in einem Monat sein werde. Aber das ist auch völlig egal.
Selbstvertrauen und der feste Glaube, dass alles eh so kommt, wie es soll sowie eine gewisse Egal-Einstellung haben mir nicht nur geholfen, mich mehr in mir zu festigen und entspannter in meinem Leben zu sein, sondern vor allem auch, die Migräne loszulassen. Entspannt sein. (Zum Blogpost “Übers in mir ruhen”) Aber auch: Trauer, Stress und Druck loslassen. Zum Loslassen kann sehr helfen, alles niederzuschreiben. Das klingt sehr spirituell, aber wie wäre es, das Problem auf einen Zettel zu schreiben und den Zettel dann zu verbrennen? Such dir eine Möglichkeit, deine Gefühle und das, was tief in dir aufgestaut ist, wirklich loszulassen und deinen Frieden mit dir und mit anderen zu machen.
Ich wünsche dir, wenn du diesen Post gelesen hast, weil du selber unter Migräne leidest, baldige Schmerzfreiheit. Migräne ist scheiße, aber ich hoffe, dass du weißt: Du bist nicht allein.
Dani says
Liebe Luise, ich freue mich so sehr für Dich, dass du in diesem Jahr migränefrei warst und den Sommer somit in vollen Zügen genießen konntest – was man ja auch total mitbekommen hat :-)
Ich schwöre übrigens auch auf Magnesium. Ich leide unter Migräne mit Aura und habe in zwischen maximal 1-2 x jährlich einen “Anfall”. Ich nehme auch täglich Magnesium. Kopfschmerztabletten schon seit JAHREN nicht mehr. Sobald sich ein Druck im Kopf breit macht, nehme ich Magnesium. Als Pulver oder unterwegs in Kapseln. Und das hilft!
Ich wünsche Dir, dass es dir weiterhin so gut geht und du weiterhin so lebensfroh bist.
Fühl Dich gedrückt ♥
Melanie says
Ich habe zwar keine Migräne. Trotzdem hilft mir der Post ganz arg. Du hast viele Sachen aufgezählt die ich mache und über die ich mir viel zu viele Gedanken mache. Sodass eine innere Unruhe herrscht. Mal sehen ob ich ein paar deiner Tipps umsetzen kann und ich so ein bisschen mehr Frieden in mir finde.
Indie says
Liebe Luise,
du machst mir Mut mit deinem Artikel! Bei mir hat sich dieses Jahr die Gelegenheitsmigräne chronifiziert und ich „kämpfe“ nach einem Klinikaufenthalt wegen Schmerzmittelübergebrauch gerade damit, wieder einigermaßen arbeitsfähig zu werden.
Es macht mir Hoffnung zu lesen, dass die Migräne auch einfach wieder aufhören kann.
Laura says
Liebe Luise,
ich habe 8 Jahre lang Migräne gehabt. 2017 auch 2-3 Tage die Woche. Dann habe ich angefangen mich abzugrenzen, auf meine Intuition zu hören und meine Ansprüche an mich runterzuschrauben. Außerdem habe ich mir 2018 jede Woche eine TCM Massage gegönnt. Seither: keine Migräne mehr 😍! Ich kann nur jedem empfehlen: fang an auf dein Bauchgefühl zu hören, traue dich anzuecken, sei nachsichtig mit dir und sorge dich liebevoll um dich und deine Bedürfnisse.. mich hat es von der Migräne befreit!!!
Liebe Grüße
Laura
Leonie Maier says
Hallo zusammen,
ein sehr spannender Bericht und eine tolle Inspiration. Ich konnte mit ähterischen Ölen meine stechende Kopfschmerzen auch deutlich mindern.
http://www.de-literaturinstitut.de
Iri says
Hallo Luise,
Dankeschön für die abschließenden Worte : du bist nicht allein. Das hilft! Mit dieser Krankheit, diesen ständigen Schmerzen, diese im Bett herumliegen auf das Leben verzichten müssen und tolle unternehmungen absagen müssen, ist echt scheiße. Und es hilft zu wissen, dass man nicht allein auf der Welt damit ist. Auch ich bin an einen Punkt in meinem Leben gekommen, meine Krankheit als Freundin zu sehen. Die schadet mir doch nicht mit Absicht. Sie ist mein ständiger Begleiter und will mir mit ihrer andauernden Präsenz doch sicher etwas sagen. Ich bin gespannt zu erfahren, was es ist.
Viele Grüße,
Iri
Sabrina says
Bin gerade auf deinen Post gestoßen, da ich mir auch immer Gedanken machen, wieso ich seit 3 Jahren keine Migräne mehr habe. Es freut mich auch wahnsinnig und ich merke das 1. mal wie schön das Leben ist. Ich glaube auch, dass ganz viel mit der Einstellung zu tun hat. Ich habe aber auch meinen Job reduziert und ein nebengewerbe zuhause angemeldet. Ich glaube auch das negative Menschen im Umfeld viel dazu beitragen 😊 Ich wünsche auch allen, dass sie es los werden :)