„Wann kommst du nun eigentlich zurück nach Hamburg?“ fragt sie gegen Ende des Gesprächs. Wir haben uns ausgetauscht, uns Neuigkeiten erzählt, wieder ein bisschen mehr ins Leben des anderen reingezogen. Als ich weggezogen bin, habe ich zu allen gesagt, „ich geh mal ein Jahr nach Berlin. Ich komme auf jeden Fall wieder zurück.“ Ein Jahr, weil wir ein Jahr Mindestmiete in dieser neuen Traumwohnung haben. Ich war mir sicher, dass ich für ein Jahr Abenteuer, einen Tapetenwechsel, eine neue Stadt sehr gut gebrauchen kann – aber das alles mich immer wieder nach Hamburg zurückziehen wird. In Hamburg habe ich so viel Liebe, so viel angekommen sein gefühlt – und das kann man ja in anderen Städten nicht genauso empfinden. Oder? „Ich habe darüber keine Pläne.“, sage ich also, und während es so klingt, als könnte ich nur den Zeitpunkt nicht mehr definieren, weiß ich nicht, ob es mich überhaupt jemals zurückziehen wird. Und das fühlt sich schön so an. Weil ich nur im Hier lebe, und mir alles andere nicht vorstellen kann …
Tanze und stampfe zu diesem Electro, das durch den ganzen Raum, durch alle Leute, durch meinen Körper geht, und kann mit dem Grinsen nicht mehr aufhören. Fühle mein Gesicht an und verstehe nicht, wie man so breit grinsen kann, gefühlt von Ohr zu Ohr. weil ich in jeder Sekunde hier daran denke, wie sehr du diesen Techno feiern würdest und dann macht mich so glücklich, dass ich ihn gerade für dich fühlen kann. Dieser ganze Abend ist ein Rausch, obwohl ich mich seit halb eins am selben Wodka Mate festhalte, schon abgestanden, ist es die ganze Zeit halbvoll in meiner Hand, um den Halt nicht zu verlieren, während ich diesen Abend in mich aufsauge, Menschen anlächele, meinen Körper durch die Menge bewege und mit ihr eins bin.
Jede neue Straße, die ich entdeckte, fühlte sich an wie ein völlig neues und ganz anderes Berlin. Zuckerschock. Diese Vielfalt, diese Möglichkeiten hatte ich vorher noch nicht gekannt. Und sie überforderten und überrollten mich wie ein Kind, dass man in einem Süßigkeitenladen alleine zurückgelassen hatte.
Tanzen. Immerzu. Wenn ich dieses Jahr bisher mit einem Wort beschreiben müsste, dann wäre es „tanzen“. Es begann damit, dass ich online durch das Sportangebot scrollte und bei Pole Dance hängen blieb. Ich war in Hamburg bei zwei Probestunden gewesen, die Studios aber viel zu weit weg von mir, hier in Berlin befanden sich aber direkt drei um die Ecke von meiner Wohnung. Also machte ich einen Termin aus und stiefelte mit Eurythmics – Sweet Dreams auf den Ohren hin. Eine Woche später fragte er mich, ob ich Lust hätte, mit ihm zu Bachata zu gehen, „so wie Salsa, nur ein bisschen enger“, erklärte er, und obwohl ich mich mit Paartanz nicht auskannte, sagte ich zu. Ich konnte nicht aufhören zu grinsen, während ich fremden Männern auf die Füße trat und ungelogen, den Spaß meines Lebens hatte. Die Woche drauf schrieb ich mich für einen Streetdance Kurs ein und war bei einem Grundsteps Bachata Kurs, um die Grundlagen zu erlernen, die er, mein Date im März, schon perfekt beherrschte. Und es gab in den ersten Monaten des Jahres keinen Freitag und keinen Samstag, an dem ich nicht zu ihren oder meinen Lieblingssongs, zu wummernden Bässen oder Narcotic von Liquido bis in den Morgengrauen durch die Nacht getanzt bin. Also ja, tanzen. Immerzu tanzend. Zieht sich wie ein roter Faden durch dieses noch neue Jahr. „Weißt du was ich gerne lernen würde?“, schreibt er mir, mein Date im Mai, als ich gerade über dieses viele neue Tanzen in diesem Jahr nachdenke, durch die Wohnung hüpfe und Rayos de Sol von Jose de Rico anschmeiße, „Salsa“. Und ich grinse und tippe: „Bin dabei.“
Kim says
Liebe Luise!
Was für ein wundervoller Blogpost! Ich mag die Art wie du schreibst einfach so unfassbar gerne, es ist so ehrlich, so berührend und einfach so schön zu lesen.
Ich wünsche dir einen wundervollen Sommer in Berlin!