“Was machst du heute Abend?”, erscheint seine Nachricht auf meinem Display. “Schon was vor?”
Es ist früher Abend und ich bin gerade in meinen angezogenen Sportsachen dabei, noch schnell die Pflanzen in Fensternähe zu gießen, nachdem die Sonne und die Hitze des Tages so langsam aus meiner Wohnung verschwunden waren.
Ich hatte mir drei Tage freigenommen, um mal wieder ganz konzentriert für mich zu sein. Zu schreiben, das restliche Jahr zu planen und mich einfach ein bisschen durch den Tag und den Kiez zu treiben.
Ich war früh aufgestanden und hatte als erstes gedacht: “Heute, werde ich mir einen richtig schönen Tag machen. Also mache ich eh immer. Aber heute nochmal ganz besonders.” Ich war morgens meine Bahnen im See geschwommen und hatte mir danach mein neues Secondhandkleid übergestreift. Ich hatte mich selbst zum Lunch eingeladen, einen Freund und seinen Hund auf einen Kaffee getroffen, im angenehmen Halbschatten gelesen, meinen vor Glückseligkeit und Sonne brummenden Schädel abends mit einem anderen Freund in zwei Aperol und einen ganzen Tisch voller Tapas ertränkt, lange und intensiv über Abschied, über Freundschaft und Zusammenfinden geredet und war kurz vor Mitternacht ein großes Stück durch die Nacht nach Hause spaziert.
“Heute mal, was mit mir selbst”, tippe ich und grinse dabei. Ich hatte vor, mir später nach dem Pilates noch frische Pilze von einem der Gemüsehändler mitzunehmen, eine leicht Soße zu Pasta zu zaubern und den Abend damit auf den Balkon zu verbringen. Mein aktuelles Buch (“War’s das jetzt?”) wollte weitergelesen werden. Ich war ungefähr bei der Hälfte und hatte schon gestern im Café laut gelacht und mich köstlich darüber amüsiert.
Als die letzte meiner großen Pflanzen gierig das Wasser aufgesogen hat, nehme ich die schwarze Sporttasche vom Haken im Flur, verabschiede mich vom Hund und ziehe los.
Als ich das Wording “hot girl summer” das erste Mal irgendwo zwischen Tik Tok und Reels las, musste ich darüber lachen. Es klang so … falsch, um gleichzeitig so was von auf den Punkt richtig zu sein. Plötzlich war es der Inbegriff für den freiheitsdurchtränkten Sommer, nach Beschränkungen und fehlendem Sozialleben. Wir alle sollten einen haben, hieß es. Dabei ist das, was sich dahinter verbirgt, auf keinen Fall nur im monatelang gestählten body jetzt jeden Tag im Bikini am Meer abzuhängen. (Außer, man will das. Feel free!) Also, wenn es das nicht ist – was heißt es dann?
Es heißt: Den Sommer zu haben, den man jetzt gerade braucht. In jedem Moment genau das machen, was gut tut. Bedingungslos. Und sich dabei hot finden, fühlen, Zufriedenheit leben, lieben … Klar, das mache ich eh immer, braucht man jetzt kein Wort für – aber darauf unter so einer Headline nochmal einen ganzen Sommer besonders Wert legen, es damit wieder zurück ins Licht zu rücken, kann eigentlich nicht schaden, oder?
Hot Girl Summer ist für mich gerade Menschen daten, weil ich voller Neugier und Offenheit bin – und zwar freundschaftlich. (Ich habe ein Bumble-Date-Profil in dem „Freunde?“ in der Bio steht – weil man als Frau bei Bumble-BFF nur Frauen, keine Männer angezeigt bekommt. Warum auch immer.)
Hot Girl Summer ist auch mal, einen ganzen Sommer nur mit sich selbst verbringen, weil man gerade keine Menschen in seiner Nähe hat, mit denen man bereichernde Zeit verbringt – sondern wonach man sich eher so mäh fühlt – und wie gut ist es dann, diese Zeit einfach alleine zu verleben? Oder wenn das ein ganzer Sommer mit lernen für die Uni weil persönliche Weiterentwicklung ist: mega!
Hot Girl Summer ist für mich Radler abends am Späti und Sonnenuntergang über der Karl-Marx-Allee, mit meinem Eiskaffee im übergroßen T-Shirt morgens in mein Tagebuch schreiben, meine Freundin in NYC aus dem Nichts anzufacetimen, sundowner an der Spree und ausgiebig und gesund für mich allein zu kochen. Es ist die Sporteinheit am frühen Abend nicht zu überspringen, weil ich weiß, wie gut sie mir tut. Abends auf meinem Balkon alleine zu lesen, und mir genau dafür aktiv die Zeit nehmen. Und die Ruhe erlauben. „FOMO“ gar keinen Platz in meinem Sommer lassen. Gerne verpassen. Gerne nein sagen. Raum einnehmen.
Und ich glaube, am Wichtigsten ist: Diese Einstellung so zu verinnerlichen, dass nicht nur hot girl summer sondern hot-girl-eh-immer, unser Motto wird. Eine gute Zeit haben. Und zwar für sich die beste Zeit. Egal wie die dann so konkret aussieht.
Julia says
Oh mein Gott wie sehr liebe ich das??
Beim lesen gemerkt, das meine Seele genau das braucht!
Danke für deine Inspiration :)
Lena says
hot-girl-eh-immer fühle ich gerade sehr 🤍🤍🤍
Anonymous says
🧡
Eda says
Wow Luise sehr schöner Text. Hab ich gerade gebraucht.
Eda says
Wow Luise sehr schöner Text, genau das hab ich gerade gebraucht.
Jasmin says
Danke echt für deinen Text!
Ich fühl ihn grade so, so sehr.. einfach das Leben in vollen Zügen genießen. Das Tun – was einen im Moment vollkommen erfüllt und dabei immer wieder über sich hinaus wachsen!
Nicole says
War die letzten Tage in einem kleinen Sommerloch-Tief, da kam mir das hier genau im richtigen Moment. Hat mir den Tag versüßt, danke, liebe Luise! 🥰
Marina says
liebs!
Judith says
Liebe Luise,
ich liebe deine Texte einfach so sehr ❤️. Ich freue mich jedes Mal wenn es einen neuen zu lesen gibt ☺️.
sandra says
traumhaft, danke für diesen text, fühle ihn und den sommer genauso wie du es beschreibst.