Ich habe ewig lang keine Kolumne mehr hier veröffentlicht. Und das ist ja auch gar nicht schlimm. Denn manchmal fließen Texte aus einem heraus, manchmal sammelt man sie eher, um sie dann in ein Buch zu packen, manchmal passiert zu viel Gutes, um überhaupt die Ruhe zu haben, zum Schreiben zu kommen. Oder es fehlen die Tiefen. Ich glaube, mich prägen vor allem die negativen Erfahrungen, Gedanken oder Entwicklungen – und auch die bringen mich zum Schreiben. So ist vor ein paar Jahren der Beginn meines neuen Buches „Vom Glück, allein zu sein“ entstanden.
Hier muss ich mich einmal kurz für euren grandiosen Support bedanken – das Buch hat sich jetzt elf Wochen lang in den Top 10 der Spiegel Bestsellerliste gehalten, ist bereits in der achten Auflage, gerade als Hörbuch erschienen und eine Weiterführung ist in Planung. Ich habe gerade die ersten Worte daran geschrieben.
Ich sitze in diesem Moment im Café, das nahe meiner neuen Bleibe, in das ich eigentlich jeden Tag für eine Stunde oder zwei gehe. Um ein bisschen meinen Kopf frei zu schreiben. Die Tische sind noch nicht ins Sonnenlicht getaucht, weil die sich jetzt im September Zeit lässt, über die Häuser zu klettern. Vielleicht ist Spätsommer die schönste Zeit im ganzen Jahr, wenn jeder warme Tag der letzte sein könnte. Wenn es morgens angenehm frisch ist, wenn ich die Fenster in der Küche öffne, aber tagsüber die Hitze wieder ansteigt. Es gibt kein schöneres Licht als das frühe Abendlicht im September, das denke ich jedes Jahr wieder. Vor allem hat es für mich immer etwas von Neuanfang. Ich habe diese Flashbacks, wie an letztes Jahr, der Roadtrip alleine nach Mallorca, die Aufregung, diese Energie. Das Gefühl, genau im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein.
Ich habe das vergangene Jahr über, am Ende viel länger als geplant, auf Mallorca gewohnt und mir damit einen Traum erfüllt: Irgendwann mal am Meer zu leben. Dabei habe ich ganz viel innere Ruhe gefunden. Lebensqualität. Gelassenheit, Leichtigkeit, Licht und Freiheit. Das Gefühl, dort viel mehr bei mir zu sein. Zum ersten Mal habe ich da diese Tür aufgemacht zu, und vielleicht ist es aktuell die präsenteste Frage in meinem Leben: Eigentlich könnte ich auch ganz woanders leben – und wo könnte das sein?
Aber ich habe auch meine Freundschaften vermisst. Vielleicht ist das ein konstanter Struggle, einen, den du akzeptieren musst, etwas, was du erst erlebst, wenn du einmal von „Zuhause“ weg gehst und irgendwo anders auf der Welt ein neues Zuhause findest. Irgendetwas vermisst du immer. Entweder deine Freunde in der Heimat – oder deinen neuen Ort. Vielleicht ist das okay. Und dann immer eine Frage der Prioritäten. Ich wollte also nach ein paar Monaten wieder zurück, zurück nach Berlin, das war so geplant. Für meine Lesungen, für Hochzeiten und Geburtstage von Freundinnen, Festivaltickets & Co. Sommer eben.
Jetzt bin ich hier und denke mir, ne, weiß, das ist es nicht. Fühle, mit einer Stadt durch zu sein, aber auch nicht gehen zu wollen. Eine Bleibe zum Übergang, renovierter Altbau, okay das passt erstmal. Hinterhofwohnungen sind so unheimlich dunkel.
Ich bin gerade hier, und werde wieder gehen und dann wieder kommen. Und das ist völlig okay. Vielleicht weiß ich gerade noch nicht genau, wo ich zukünftig hingehöre. Woher weiß man das überhaupt? Aber während das etwas Bedrückendes, Rastloses haben könnte, hat es für mich eher eine Geborgenheit in mir selbst, Zuversicht und den Geschmack von Freiheit, davon, das alles möglich ist.
Ich hab irgendwann entschieden, dem Leben zu vertrauen. Dass negative Erfahrungen, und davon gab es in den letzten Monaten eine ganz prägende, mich auf einen neuen Weg führen, der anderes, Neues, Gutes für mich bereit halten wird. Und es leicht zu nehmen. Ich glaube die große Kunst ist, sich seine Gelassenheit und innere Ruhe auch zu bewahren, wenn einem Schlechtes passiert, wenn alles versucht einen aus dem Takt zu bringen. Einfach zu wissen: mir kann nichts passieren. Ich kann nichts verpassen, was für mich gedacht ist. „Das Leben passiert für mich, nicht gegen mich“, ist glaube ich einer der schönsten Sätze, die ich dieses Jahr gelesen habe.
Wenn man vertraut, dann fühlt sich jeder Moment direkt viel leichter an. Und man kann einfach durchatmen und genießen. Und das mache ich jetzt. Ich beende diesen Text gerade am Flughafen, und steige gleich in den Flieger nach Marseille für ein paar Tage. Au revoir!
Maria Braun says
Wundervoll Luise! Ich finde mich in deinen Texten so sehr wieder!
Danke für die schönen Worte, die sich so gut fühlen lassen. Maria
Valerie says
Ich liebe deine Kolumne und die tiefen Einsichten, die du hier gibst, von denen ich lernen kann. Schön, dass du wieder dafür Zeit findest und danke für diesen Einblick!
Isabel says
Ich bin immer sehr von deinen schönen und wahren Zeilen inspiriert, es tut mir gut, diese Positivität darin zu lesen, aber vorallem kann ich mich gerade so sehr mit deinem neuen Buch identifizieren… Alleine oder auch rastlos zu sein, bringt einen näher zu sich selbst, alles ist irgendwie ein Prozess, welchen man am Besten lachend erlebt und evtl auch mal kurz weinend. Happy October für alle die das hier lesen❣️❣️❣️ Isabel