In mir ist gerade alles ganz ruhig. Angesichts des Chaos um mich herum ist das merkwürdig. Aber das Jahr war ganz genau so, ruhig irgendwie. “Innerlich.” Und das trage ich auch ins neue Jahr. Als hätte man nach einer sehr lauten Party die Musik abgedreht und bleibt in völlig unbekannter, beruhigender Stille zurück. Ich habe die letzten Tage ein Lied von Provinz oft gehört, das dieses Gefühl im Refrain genau widerspiegelt: Und wenn die Party vorbei ist / Dann bin ich wieder alleine / Und wenn die Party vorbei ist / Dann wird es endlich leise.
Ein Jahresrückblick auf meinem Blog ist aber auch Tradition. Eine wirklich schöne, wie ich finde, ich klicke immer noch gerne in die alten Beiträge rein. Ich hatte mir in 2012 selbst eine Reihenfolge für solch einen Post gebaut, den dann wirklich viele “Blogger” übernommen haben. Ich habe ihn vor zwei Jahren abgeändert, weil ich solche oberflächlichen Kategorien wie “schlimmster Absturz” oder “abgenommen oder zugenommen?” inzwischen total, eben, 2012, naiv und unwichtig finde (schaut mal in die älteren Rückblicke rein, über den Kategorientag — ich habe mir alle Posts hierfür noch einmal durchgelesen …).
12 MAL GESCHRIEBENES AUS 12 MONATEN
Januar. Seit ich in Berlin wohne, habe ich zwanzig Zentimeter Haare, zwölf Säcke Klamotten und vier Kilo an Gewicht verloren. Ich kann mir nicht mehr vorstellen, dass es mal eine Zeit gab, in der ich nicht vegan gegessen habe. Und dann so viel weggehen, obwohl Januar ist. Mir macht die Kälte zum ersten Mal seit Jahren nichts aus, bemerke sie oft nicht mal. Gestern fühlt sich an wie ein weit entferntes anderes Leben. Noch nicht einmal drei Monate hier. Ich glaube Veränderungen sind nicht linear, sie kommen so in Wellen, und gerade überrollt mich eine nach der anderen.
Februar. Immer auf dem Sprung, zwischen noch hundert Seiten lesen, den nächsten Kaffee nicht zu kalt werden zu lassen, zwischen diesem neuen Club und dir. Mir. Alles hier so wunderschön bunt und ziemlich ranzig. Jede neue Straße, die ich entdeckte, fühlte sich an wie ein völlig neues und ganz anderes Berlin. Zuckerschock. Diese Vielfalt, diese Möglichkeiten hatte ich vorher noch nicht gekannt. Und sie überforderten und überrollten mich wie ein Kind, dass man in einem Süßigkeitenladen alleine zurückgelassen hatte.
März. „Wann kommst du nun eigentlich zurück nach Hamburg?“ fragt sie gegen Ende des Gesprächs. Wir haben uns ausgetauscht, uns Neuigkeiten erzählt, wieder ein bisschen mehr ins Leben des anderen reingezogen. Als ich weggezogen bin, habe ich zu allen gesagt, „ich geh mal ein Jahr nach Berlin. Ich komme auf jeden Fall wieder zurück.“ Ein Jahr, weil wir ein Jahr Mindestmiete in dieser neuen Traumwohnung haben. Ein Jahr, weil sich ein Jahr nach einer guten, mittellangen Zeit anhört, in der man viele neue Erfahrungen machen kann, ohne die alten zu überschreiben – oder zu vergessen. Ich war mir sicher, dass ich für ein Jahr Abenteuer, einen Tapetenwechsel, eine neue Stadt sehr gut gebrauchen können würde – aber dass alles mich immer wieder nach Hamburg zurückziehen wird. In Hamburg habe ich so viel Liebe, so viel angekommen sein gefühlt – und das kann man ja in anderen Städten nicht genauso empfinden. Oder? „Ich habe darüber keine Pläne“, sage ich also, und während es so klingt, als könnte ich nur den Zeitpunkt nicht mehr definieren, weiß ich nicht, ob es mich überhaupt jemals zurückziehen wird. Und das fühlt sich schön so an. Weil ich nur im Jetzt lebe, und mir alles andere nicht vorstellen kann … Und ich glaube, das ist was sehr Gutes, dass ich Berlin vermisse, sobald ich mich in den Zug irgendwo anders hin setze. Alles andere trotzdem im Herzen behalte, aber eben jeden Moment ganz bei der Sache bin.
April. Als wir wieder im Flieger sitzen breite ich alle unsere Polaroids auf meiner Laptophülle auf meinem Schoß aus. Jeder sucht sich abwechselnd eins aus, okay? Wir haben 17 gemacht, drei davon Sonnenuntergänge. Er wählt zuerst das Selfie von uns zusammen in der Skybar, ich danach das von mir beim Obstessen in der Sonne, er das von mir, wie ich im Hoodie und mit nackten, verschränkten Beinen abends am Laptop sitze und arbeite, ich das von uns vor der Häuserzeile, das der Jugendliche, den wir gefragt haben, in quer fotografiert hat und uns fast komplett abgeschnitten hat. Aber die Häuser hinter uns sind schön. Dann suche ich mir meinen liebsten Sonnenuntergang aus. Als wir fertig sind, bleibt genau eins übrig, der dritte Sonnenuntergang, durch eine verschmierte Fensterscheibe durch, aus Versehen mit Blitz und halb verschwommen. Eigentlich ein perfekter Moment.
Mai. Ich brauche am nächsten Morgen drei Anläufe, meine Augen aufzuschlagen und das schrille Geräusch in meiner Wohnung mit der Realität in Zusammenhang zu bringen. Beim vierten Mal habe ich es. Es klingelt. Widerwillig schlurfe ich zur Tür und werfe einen Blick durch den Spion, der von schweren Jacken des Mitbewohners versperrt wird, mit denen er eine Expedition in die Arktis überstehen würde. (Wir haben Mai. In Berlin sind es durchgehend über fünfundzwanzig Grad.) Nick steht mit Kaffee in Mehrwegbechern dort draußen vor meiner Wohnungstür, drückt mir einen Kaffee in die Hand und einen Kuss wüst auf den Mund, als ich ihm langsam öffne.
„Bereit? Wir machen einen Ausflug!“ Er riecht nach frisch geduscht, wie schnell durch eine Bar gelaufen, nach einer Sommernacht, nach wilden Küssen auf dem Balkon. Und grinst. Ich stehe verwirrt vor ihm und lege den Kopf schief. Seine Worte dringen noch nicht wirklich zu mir durch, was ich mit einem Schluck aus dem Kaffeebecher versuche zu ändern.
“Du bist ja früh wach“, bringe ich dann hervor. Es ist Sonntag, acht Uhr, und: „Wohin denn?“
Juni. Sommer ist noch ein ungewohntes Gefühl, ein dumpfes Dejavue, das hier garantiert schon einmal so erlebt zu haben, aber doch so weit weg, dass der Bezug dazu noch nicht da ist, und sich erst allmählich und ganz langsam entfaltet. Die Details fehlen. Der Geruch der Großstadt, der sich in Nuancen über den Tag hinweg verändert, das Packen der Tasche, noch ohne Routine. Das Herumtanzen stockend, die Bewegungen steif, wir alle zusammen, durch diesen zweiten Sommertag. Die erste saftige Wassermelone, das erste Mal an den See.
Juli. Sonne auf der Nasenspitze. Sonne, die auf kleinen Lichtungen durch den Wald bricht. Vier Tage keine Haare kämmen, und nur kurz unter die Stranddusche hüpfen, bevor es ins Meer geht. Campen unter Pinien, Kaffee und Nudeln vom Campingkocher. Zwischen dem Blick aufs Wasser und die vielen Surfer und dem auf die Wörter in meinen Büchern. Die Einfachheit des Lebens hier hält mir gut vor Augen, wie Möglichkeiten die Leichtigkeit des Seins beengen können. Zum Glück ist am Strand kaum Empfang. Das Handy geht leer und ich merke es nicht mal. Hier gibt es nichts zu tun. Nur sein. Auf Sand fühlt sich laufen ganz leicht an.
August. „Ist es nicht verrückt dass wir alle auf den gleichen Himmel starren?“ frage ich ins warme Nichts.
„Technisch gesehen nicht, sieht doch jeder einen anderen Abschnitt.“
„Naja, du weißt schon was ich meine. Himmel ist Himmel. Ist es nicht verrückt, dass ein Mensch im Irak, wenn er hochschaut, den gleichen Himmel sieht wie ich? Also, dass dieser Himmel uns alle miteinander verbindet. Dieser Gedanke macht für mich jede Entfernung viel kleiner.“ Dass wir beide ins gleiche Universum schauen, uns auf einer Kugel befinden, nur ein paar tausend Kilometer voneinander entfernt, aber doch durch den Blick in den Himmel verbunden. Ich blinzele und versuche die Sterne scharfzustellen. Manchmal denke ich über Zufall und Schicksal nach und wie merkwürdig es ist, welche Leute auf einmal beschließen, ein Paar zu sein. Zu einer Einheit zu werden und für kürzer oder länger oder immer, aber zumindest für eine unbestimmte Zeit gemeinsam durch die Welt und das Leben zu gehen.
September. Ich sprudele gerade über vor Liebe und Melancholie. Ins unermessliche verschobene Prioritäten. Und ich laufe wieder. Bin hundert mal losgelaufen und hundert mal danach wieder bei mir angekommen. Tiefgründige Gespräche, Herbstblätter-Rascheln, Roman Ideen. Ich kann die Veröffentlichung des Buches gar nicht erwarten und dass ihr es lest und das Ende kennt und dann vielleicht Lust auf mehr habt. Dass man ganz viel Liebe in meinen Worten spürt. Ich habe immer ganz viel bekommen: Luise, du bist anders in Berlin. Freunde, jeder ist anders in Berlin. Berlin ist komisch und anders und da war letzten Herbst nur die vage Vermutung, dass mein Leben hier weitergehen könnte. Und das tat es. Tut es. Vielleicht steht im ersten Buch mehr dazu, ich weiß es nicht. Vielleicht dreht sich das nächste Buch genau darum, wer weiß. Hamburg vermisse ich trotzdem für immer. Manchmal verliert man sein Herz an verschiedenen Orten, und muss sich aufteilen, mit seiner Liebe. Plötzlich ist schon wieder Herbst, schon ein Jahr hier, voller Höhen und Tiefen. Ich sprudele gerade über vor Liebe und Melancholie. Aber in einer ruhigen, stillen Art, nicht so wie sonst im Sommer. Der Herbst tut gut. Berlin ist voller Liebe.
Oktober. In jeder Stadt versuche ich mir vorzustellen, wie es wäre hier zu leben. Wie es wäre, morgens hier aufzustehen, hier laufen zu gehen, hier meine Tage zu verbringen, hier … zu leben. Und dann beginne ich die Stadt, die ich gerade vor mir habe, ganz anders wahrzunehmen. Nicht so, als wäre ich ein Tourist, ein Eindringling, ein Fremdling. Sondern eher so, als wäre ich eins mit der Stadt. Ich merke, wie ich eins werde. Mich wohlfühlen. Zuhause, fast schon. Ich liebe diese Fähigkeit an mir, mich überall dadurch zuhause fühlen zu können. Liebe es, alleine zu reisen, die Welt zu entdecken, Straßenzüge in mich aufzusaugen. Neugierig bleiben. Nirgendwo so ganz, dafür überall zuhause.
November. Reflektionen. Ich, gespiegelt in dieser Stadt. Die Welt ist ein Spiegel von dir – und New York war es von mir. Vier Wochen eher. Ich gebe mein bestes, mir diese Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Aber irgendwie klappt das nicht so richtig. Und in New York sehe ich alles, was eigentlich gerade nur in mir ist: Es ist laut und stinkig, voller Abgase, Pappmüll und Krankenwagen, die hier nie durchgelassen werden. Einfach niemand macht Platz, die Straßen sind eng und vollgestopft. Ich sehe Unruhe und Hektik. Dabei ist das, was ich sehe, eigentlich nur in mir drin. New York ist mein Spiegel. Wenn in mir drinnen etwas nicht okay ist, ich enttäuscht bin, verletzt, missmutig, dann wird auch das, was ich erlebe, so sein. Alles fängt in mir drinnen an. Städte die ich besuche, Bücher, die ich lese und Filme, die ich sehe, sehe ich mit meinem „Filter“. Sie sind mein Spiegel. Wir selbst sind die Tiefe und das Glück, das wir anderen Dingen geben. New York war genau das für mich.
Dezember. Ich konnte heute Nacht nicht schlafen und habe stundenlang das Archiv von meinen Stories der letzten zwei Jahre durchgeklickt. War dann nochmal in Porto im Sonnenaufgang, habe die Alster vermisst und war auf jeder Menge Bastille Konzerten. Bin in Mexiko in Cenoten gesprungen, bin früh aufgestanden, hab die Herbst- oder Frühlingsluft gerochen … Gott, hab ich schöne Dinge geteilt. Schön für mich und zum Erinnern. Im Nachhinein. Mich hat das ganz glücklich gemacht, diese Menge schöner Momente in Videos zu sehen. Dann hat mich die Nostalgie gepackt. So viel Schönes liegt schon hinter uns, so viel Schönes noch vor uns. Und jeder Moment rinnt in der selben Sekunde durch unsere Finger in den wir ihn erleben. Wir schreiben neue Geschichten, erzählen von alten, während ganz andere in Vergessenheit geraten. Man sagt, Zeit ist nur eine Illusion – aber doch finde ich den Gedanken verrückt, dass in drei Wochen ein ganzes Jahrzehnt vorbei ist und ein neues beginnt …
2019 in …
EINEM LIEBLINGSMONAT: FEBRUAR
London mit den Mädels, schönste erste Dates, ein neues Piercing, tanzen bis zum Morgengrauen, viel Bootcamp und Pilates, Berlin entdecken, Bachata tanzen. Völlige Leichtigkeit trotz eiskalter Winternächte.
EINEM OUTFIT
Dieses Jahr reicht eines statt fünf Fotos. Weniger Abwechslung, nur das.
5 REISEN
London im Februar. Sechs Grad und zwei Freundinnen, Camden Market und Vintage Shopping, rumlaufen und uns an den kalten Händen halten und vom Leben erzählen. In einem Strip-Club laden, strömender Regen.
Lappland im März. Tinder, Huskys, Rentiere, meterhohe Schneeschichten. Schlafen in Iglus, leider keine Nordlichter. Glitzernde Landschaften und Glühwein, Ohrenschmerzen und Minusgrade.
Riga im April. Spontanität und Jeansjacke, frieren und Poesie zwischen Altbauhäusern. Sonnenuntergänge von hohen Ausblickspunkten, Pläne, die immer wieder umgeworfen werden. Tiefe Gespräche, Leben und mehr.
Frankreich im Juli. Rotwein am Strand, verpasste Nationalfeiertage, endlose, von Bäumen gesäumte Landstraßen, brennender Asphalt in verlassenen Dörfern, Atlantikwellen, im Auto schlafen, am Meer aufwachen, 40 Grad in Paris.
New York im Oktober/November. Versagensgefühle, Weltschmerz und Melancholie. Pappmüll und hupende Krankenwagen. Eine erdrückende Großstadt, deren Türme sich so riesig vor mir aufbauen, dass sie mir die Luft nehmen. Nie wieder USA. Aber auch: Familienzeit.
2019 in einem Song
“Ich höre Kool Savas – Aura schon seit einer Woche auf Dauerschleife, laufe durch diese ganzen großen Städte, die sich wie eine unbekannte, schöne neue Welt anfühlen, gehe so oft tanzen gerade, liebe es, mich tanzend durch die Nacht zu bewegen. Trage fast nur noch schwarz, aber in mir ist alles ganz bunt. Man merkt nicht, dass noch Puzzleteile fehlen, bevor man sie gefunden hat. Und dass in allem, was sich vorher schon so vollkommen anfühlte, trotzdem noch so viel Platz für Neues war …”
2019 … in 20 Gedanken
Das vorherrschende Gefühl
Nicht angekommen sein, hier in Berlin. Liebe. In der zweiten Jahreshälfte: Kranksein und Weltschmerz.
Die meiste Zeit verbracht mit?
“Nick.”
Der schönste Moment
Bages, Juli 2019. Du, Rotwein, dieses warme, zufriedene Dorf. Pures, stilles, unaufgeregtes Glück.
Der schlimmste Moment
Meine Trauer zu realisieren, wirklich an mich ranzulassen.
Die größte Überraschung
Wie einfach, schön, sanftmütig und kraftvoll vegan leben ist, wenn man sich plötzlich keine Gedanken mehr drüber macht und loslässt.
Das größte Abenteuer
Meine tiefsten Gefühle über die Liebe und das Leben aus dem letzten Jahr in einem Buch zu verpacken. (“Ein Jahr voller Dates”.)
Größtes Erfolgserlebnis
Einen Menschen in mein Leben zu lassen, mich nicht dagegen zu wehren, um an altbekannter, vermeintlicher Freiheit festzuhalten.
Der größte Schock
Sich selbst nicht mehr zu fühlen.
Nochmal erleben
Bulliurlaube und Iglu-Übernachtungen.
Wort des Jahres?
Liebesfreunde und Melancholie.
Stadt des Jahres?
Riga; Bages.
Erkenntnis des Jahres
“Und überhaupt, ich darf beides sein. Ich darf Berlin und Hamburg sein. Ich darf die laute und die leise Luise sein. Introvertiert sein, und trotzdem manchmal laut und auf den Tischen tanzen. Mich für Business und Marketing interessieren und genauso für Liebe, schreiben, Poesie. Darf von ganzem Herzen lieben, und trotzdem ab und zu mal gerne alleine sein. Ganz doll glücklich sein und dann mal wieder unsicher, melancholisch. Darf mich verlaufen. Darf mir Fehler eingestehen. Hier und da sein, beides oder gar nichts. Das Leben ist kein Entweder-Oder. Muss nicht immer nur eins von beidem sein. Das Leben ist keine ständige Entscheidung. Wir sind beides. Wir alle. Grautöne sind was wunderbar schönes.“
und:
“Wow, ich werde echt alt.”
Jemand besonderen kennengelernt
Komische Frage, tut man das nicht jedes Jahr?
Gelernt
Niemals Termine in Charlottenburg oder Schöneberg auszumachen, das ist einfach viel zu weit weg; dass gerade Jahre wirklich immer schöner sind als ungerade; Grenzen zu setzen; wie schwierig loslassen sein kann, oder sich wieder auf jemanden einzulassen; wie sehr mich Chaos belastet; dass Wohnungen Energien haben und wie unwohl man sich in einer fühlen kann; dass mein Körper mir mit dem vielen Kranksein etwas sagen will; guten von schlechtem Kaffee zu unterscheiden; besser mit meinen Finanzen umzugehen; dass es nicht von Unreife sondern von einem großen, reinen Herzen zeugt, jeden Tag so zu nehmen, wie er kommt; wie schön mit dem Bulli verreisen ist; wie schön Berlin sein kann; dass lesen, schreiben, Klarheit und Liebe mich glücklich machen; dass ich mich nach einer neuen, beruflichen Herausforderung sehne; dass ich ein Zuhause brauche, von wo ich den Sonnenaufgang sehe; dass Heimat in mir drin ist, aber es okay ist, einen Ort aus vollem Herzen zu vermissen; zu lieben; Demut; auf mein Herz zu hören.
Aufgehört
Ich habe richtig lang darüber nachgedacht. Vielleicht, mich gegen das Erwachsen werden zu sträuben. Aber sonst eigentlich mit nichts.
Begonnen
Mich genau mit meiner Psyche, meinem Inneren, und “warum ich so bin, wie ich bin” zu beschäftigen. Meine alsternahe Wohnung in Hamburg zu vermissen.
Zum ersten Mal gemacht
Meine Flüge kompensiert, Bäume gepflanzt.
Nach langer Zeit wieder gemacht
Gezweifelt.
Gar nicht gemacht
Alleine gereist, leider.
Davon möchte ich mehr
Sicherheit.
2019 war anders, als ich es mir zum Jahresbeginn vorgestellt hatte, anders, als es sich die ersten drei Monate des Jahres ankündigte. Letztendlich war es ruhiger, langsamer, ging tiefer. Aber es war gut. Ein gutes, stetes Dahinplätschern.
Für 2020 nehme ich mir vor …
Wieder … nichts. Ich werde alles weiter so machen, wie bisher. Gut zu mir sein, mich fordern, auf mein Herz hören, Liebe zulassen, mich vom Leben mitreißen, Urvertrauen in das Gute haben, alle Gefühle annehmen und fühlen, wertschätzen, was mich umgibt und viel schreiben – Notizen, Tagebuch, Bücher, Instagram-Captions. Ich werde hoffentlich mehr schöne Sonnenaufgänge sehen, mir irgendwo das schönste, neue Zuhause einrichten, mir eine neue berufliche Herausforderung suchen und Vollzeit fest arbeiten, wieder mehr meinen Körper von innen fühlen, wieder im Auto schlafen und am Meer aufwachen, meine Liebsten regelmäßig knuddeln und mir und anderen die weltschönste Zeit bereiten.
Merli says
Oh Luise, immer wieder bin ich von deinen Worten gefesselt. Ganz, ganz große Liebe für deine Ehrlichkeit, deinen Schreibstil, deine Gedanken, die Erkenntnisse aus diesem Jahr. Diesem seltsamen Jahr. Ich kann mich in so vielen deiner Worte erkennen, habe so vieles ähnlich durchlebt. Ganz viel Weltschmerz, ganz viel Angst vor dem Aufgeben meiner Freiheiten. Immernoch. Aber ich hoffe das wird sich 2020 ändern. Aber so wie du, werd ich auch, einfach alles auf mich zukommen lassen. Nichts planen. Mir nichts vornehmen, einfach abwarten, was passiert. Denn es wird sowieso alles immer ganz anders als man denkt.
Marie says
Liebe Luise, ich lese seit Jahren deine Rückblicke. Kann es sein das Februar und Mai identisch sind? Mein Jahr war auch OK. Ich wollte es Ende 2019 zusammenfassen und hab kaum Worte gefunden, es war schön und jetzt ist es rum. Und ich finde das eigentlich grade auch gut so! Dir ein gutes 2020 :-) Marie
Kristina says
Oh Luise,
ich hab deinen Post aufgesaugt. Ich fühle so viele deiner Worte und habe mir einige Schlüsselsätze notiert. Danke, für deine Texte… ich mag Melancholie und ich mag es, dass ich mittlerweile schätzen kann, dass ich sie empfinden kann..ja eigentlich genieße ich sie.
Alles Gute für dich.
Cathrin says
Das ist sehr schön geschrieben und gut zu lesen. Schön dass du deine Erfahrungen und Gefühle mit uns teilst. Es freut mich dass du so viel für dich aus dem Jahr mitnehmen konntest. Ich wünsche dir ein erfolgreiches und wunderbares 2022 und freue mich darauf mehr von dir zu lesen :)
Marleen says
Ich liebe deine Jahresrückblicke! Du steckst immer so viel Herzblut rein. Ich fühl einfach mit. Auf ein neues, schönes Jahr 🥰
Lisa says
WOW.
Ich liebe es wie du die Welt siehst und dich selbst in ihr wahrnimmst. Eine absolute Stärke von dir!
2020 – klingt so magisch ✨ da mache ich mir gar keine Sorgen! Das wird gut!
lovingpralines says
Liebe Luise,
danke für deine wunderschönen Worte. Ich bin jedes Mal so verzaubert von deinem Schreibstil, dass mir diese Texte ganz viel geben und ich daraus so viel mitnehmen kann. Ich wünsche dir ein ganz aufregendes, magisches Jahr und dass du fix ein schönes neues Zuhause mit Sonnenauf- und Untergangsblick findest :) und ich freue mich auf deine Texte dieses Jahr. Bis dahin lese ich dein Buch glaube ich noch einmal ;)
Liebe Grüße
Franzi
Marie Luise Ritter says
Dankeschön, das wünsch ich dir auch. :)
Karo says
Auf 2020 und auf dich! Ich hebe meine Bürotasse auf dich.
Unfassbar schöner Jahresrückblick! Worte, die mich fesseln, berühren, die ich nicht nur verstehe sondern auch fühle. und doch so klar, dass ich beeindruckt bin von der präzisen Ausdrucksweise – vielleicht, weil ich mich an vielen Stellen wiederfinde. Ob aus 2019 oder vergangener Jahre – ich hab richtig Lust auf einen Kaffee mit dir :-) Das ist eine offizielle Einladung nach Düsseldorf ;-)
Alles Liebe für dich!
lexxalight says
danke danke danke
wie immer ein vergnügen deinen jahresrückblick zu lesen. und das schon seit soooo vielen jahren. hab mir vor jahren angewöhnt die fragen die du dir stellst in deinem jahresrückblick für mein handschriftliches tagebuch zu verwenden. ich liebe es. gute, alte tradition.
Schönstes Zitat deines Rückblicks “wie Möglichkeiten die Leichtigkeit des Seins beengen können” – tausend dank für diese worte. möglichkeiten sind so ambivalent; sie beruhigen und lassen einen gleichsam ruhelos sein. deswegen bin ich manchmal gern mit grippe an die couch gefesselt und kann mich dabei am besten entspannen. klingt komisch, ist es auch.
2019 war für mich ein jahr, in dem ich mich von dir entfernt habe. das hatte ich bereits schon einmal, vor ein paar jahren. bin aber irgendwann wieder zurückgekehrt und das tue ich jetzt auch wieder seit ganz kurzer zeit, da kommt wieder mehr die “alte, vor berlin”-luise hervor. klingt irgendwie bescheuert, verzeih. ich kann mit der hippen berlin-luise halt weniger anfangen als mit der hamburg-luise. zudem verstehe ich auch deinen wunsch nach privatsphäre, weniger bilder/videos. nichtsdestotrotz vermisse ich die youtube videos von damals sehr. frage nicht, wie oft ich mir sämtliche videos von dir reingezogen hab. die waren sooooo motivierend, aufbauend, erheiternd an schlechten tagen. du hast wohl keine ahnung, wieviel ich durch dich lernen durfte (und das, obwohl ich ca 10 jahre älter bin als du). however. wer weiß, was 2020 bringt. möge es dir, meiner langjährigen lieblings bloggerin, jedenfalls gesundheit, zufriedenheit, friede und viele wunderbare momente bringen. alles liebe aus österreich <3
Marie Luise Ritter says
Oh schön, dass es dir so viel gegeben hat. Das freut mich ehrlich sehr! Aber Leben heißt Veränderung, manchmal. Alles kommt und alles geht, wie in einem Kreislauf, so auch das Interesse an mir und meiner Person hier vielleicht. Für mich ist es eher wie ein Tagebuch, und ich freue mich über alle, die es gerne mit mir teilen. Und das bildet auch ein erwachsen werden gerade ab.
“deswegen bin ich manchmal gern mit grippe an die couch gefesselt und kann mich dabei am besten entspannen.” verstehe ich sehr!! xx
Josi says
ich liebe deine worte! deine jahresrückblick-beiträge sind auch eins meiner liebsten von dir. ich komme aber nicht drum rum, mich dem ersten kommentar hier anzuschließen. in jedem satz dachte ich (hoffte ich?) es kommt “ich ziehe wieder nach hamburg!”, auch wenn das total bescheuert klingt. ich hatte das jahr über auch größtenteils “weggeschaltet” von deinem account, weil ich die hamburg-luise vermisse und seit dem umzug keinen wirklichen bezug mehr hatte (wahnsinn, dass eine stadt einen so verändern kann).
trotzdem gucke ich immer mal wieder bei dir rein und hoffe, dass dein 2020 ‘magisch’ wird und freue mich auf hoffentlich viele texte! :-)
Marie Luise Ritter says
Danke!! :) Kurzer Gedanke: Tatsächlich glaube ich nicht, dass das mit einer Stadt zusammenhängt. Ich bin einfach erwachsen geworden, teile nicht mehr viel, mache kein YouTube mehr, keine Food Diaries, keine Vlogs, etc. Ich verpack meine Gedanken dafür in Büchern. Das ist natürlich ein Umbruch, den nicht jeder, der mir folgt, mitgeht / mitgehen möchte, was ganz normal ist. Aber ich denke, dieser Prozess hätte in Hamburg genauso stattgefunden. Man findet bloß im Stadtwechsel eine Begründung, wenn man nach einer sucht, die eigentlich aber keine ist …
Dass Menschen durch die Stadt Berlin keinen Bezug mehr haben, haben mir aber viele geschrieben. Irgendwie ist das verrückt: Ich glaube, das kommt, weil wir Menschen gerne in Schubladen stecken. Tut man ja bei allen und allem automatisch, weil das Gehirn es dann leichter hat. So war ich in der Schublade: Hamburg-Sonnenaufgänge-Lebensfreude-Food Diaries. Und sobald man dann etwas macht, was für andere nicht in diesen Rahmen passt (nach Berlin ziehen, wenig hochladen), und man deswegen auch nicht nachvollziehen kann, verliert man so ein bisschen das Identifikationspotenzial. (“Wieso machst du das, verstehe ich nicht, ich dachte, dich zu kennen”). Hier im Sinne von, dass man durch die fehlende Identifikation dann keine Lust mehr hat, reinzuschauen. Solche Veränderungen gibt es in Freundschaften genauso. Aber eigentlich ist es egal, wo ich wohne. Ich bin immer noch ich.
So als Blogger-Follower-Bindung aber: Spannend allemal!! :)
Johanna says
Wir selbst sind die Tiefe und das Glück, das wir anderen Dingen geben.
So wahr. Was für ein wunderschöner Satz ♥️