Meine Leerzeichentaste klemmt, seit ich irgendwann in der Wohnung einer Freundin lachend O-Saft über meinen Laptop geschüttet hatte. Jedes Leerzeichen muss ich seither energisch reinhämmern. Manchmal finde ich das unfassbar lustig. Heute sitze ich stumm vor dem blinkenden Cursor und betrachte die weiße Seite hier vor mir. Die Worte wollen gerade nicht raus. Sie wollen in mir bleiben, sich einnisten, nicht als Gedanken laut ausgesprochen werden, und auch nicht festgehalten, aufgeschrieben. Dabei studiere ich Kreatives Schreiben, also irgendwie Schreibtherapie, als mein zukünftiges, selbst gewähltes Berufsfeld. Ich finde es unheimlich spannend, was das Schreiben in unseren Köpfen aus- und auflösen kann, dass wir dadurch manchmal Knoten entwirren, die wir noch gar nicht in Gesprochenes fassen könnten. Geschriebene Sätze erdenkt unser Hirn anders als gesprochene. Also machen wir das heute mal wieder hier – einen nach dem anderen.
unterwegs
Vielleicht ist das das Motto, unter das ich dieses Jahr stellen würde. Das Jahr hat total schön und wild begonnen – ein Festival in Mexiko (toll!), anschließende Panikattacken (weniger toll). Die Erschöpfung, und jetzt auch meine mentale Gesundheit ist für mich gerade ein wichtiges Thema. Meine Reise war unfassbar gut, aber eben manchmal auch nicht. Völlig okay. “Es muss nicht immer alles gut sein”, habe ich mir an einem solcher Tage als rare Notiz in mein Tagebuch geschrieben. Zwischen Tequila und Surfstunden und Chicken Bus-Fahrten und so vielen neuen Menschen und Eindrücken habe ich eigentlich kaum etwas festgehalten. Das schon.
Zurück in Berlin wusste ich erst einmal nicht mehr so viel, außer, dass ich gerade hier nicht bleiben wollte. Dass Inspiration und Kreativität woanders auf mich warteten. Dass mein Glück vielleicht nach 3,5 Jahren Berlin woanders ist. Auf so eine ganz schöne, runde Art und Weise. Ich höre immer auf meine Intuition, ich kann es, glücklicherweise. Spanien, sagte die. Also setzte ich mich in mein Auto und fuhr los. In meinem kommenden Buch (“Wie man sich eine richtig schöne / intensive / glückliche Zeit alleine macht”) thematisiere ich das alles genauer. Hier ein Ausschnitt, den ich währenddessen und dafür aufgeschrieben habe:
Ich konnte das nicht nur, mühelos so eine lange Strecke unterwegs zu sein, ohne mich beim Autofahren abzuwechseln – es war sogar richtig schön. Ein Erlebnis. Fand alte Soundtracks wieder, telefonierte ausführlich ein paar Stunden mit einer alten Freundin, hatte zeitweise nur Stille und als ich ankam und parkte, war ich kaum müde, dafür glücklich und innerlich ganz ruhig.
Alles war erst mal komisch, wenn man es das erste Mal alleine machte, und dann wurde es normal. Am selben Abend tanze ich mit einem Glas Wein in der Hand durch eine mir fremde Küche. Mich hatte die Lust gepackt, von woanders zu arbeiten, neue Städte zu erleben, in Bars draußen zu sitzen und mich in der Abendluft auszustrecken, also hatte ich kurzerhand alles eingepackt und war alleine losgefahren.
In Barcelona geht die Sonne hinter einer Nebelwand unter, und der Wind zieht durch die kleinen Gassen, in denen mein Apartment liegt. Die Treppe hoch in den vierten Stock ist so schmal und eng, dass ich am Ende der Woche überall blaue Flecken haben werde. Der Ausblick entschädigte dagegen für alles. Ich kannte mich hier nicht aus, weder in dem Viertel, noch in der Stadt so wirklich. Ich konnte es kaum abwarten, sie zu entdecken und zu meiner zu machen, so wie ich das mit so vielen anderen Orten zuvor gemacht hatte.
Vielleicht brauchte ich genau das – dieses Unbequeme. Den Küchentisch oder den wacklicken Tisch vorm Café am Rande der lauten Straße statt des perfekt eingerichtete Arbeitszimmers. Die Reise, statt des Ziels. Ich fühlte mich im Unbequemen wie ich selbst. Lebendig, vor allem. Ich ließ mich dadurch groß sein. Es war ein Aufbruch, ein Balanceakt aus dem was war und dem, was sein konnte, in dem Wissen, dass ich nicht alles und alle mitnehmen konnte. Es war die Suche nach dem zukünftigen, guten Leben. Ich hatte alles dabei.
safe space
Ich wollte bleiben und hatte mir ein Apartment gebucht, um den Mai und Juni dort zu verbringen, probeweise. Bis dann etwas dazwischen kam: Uni wurde von online zurück auf Präsenz verlegt, also musste mein Hintern wieder in Berlin sein. Hat mich kurz traurig gemacht (ich fand Online-Uni super, und Pläne canceln müssen ist immer ein unwohles Gefühl in der Magengegend). Dann habe ich es akzeptiert und verschoben. Den Master mache ich ja freiwillig, weil er mich interessiert. Alles ist freiwillig. Den gefühlten Sommeranfang widme ich jetzt der Uni (mit besagtem Hintern in Berlin) und der Suche nach einer Forschungsfrage für meine Masterarbeit. In meinem Kopf ist da etwas von “Heilen von Traumata durch Schreiben….”, das ich noch nicht näher in Frage und Untersuchungsmethode aufdröseln kann. Aber dafür ist noch Zeit. Jetzt: Bin ich erst einmal wieder hier.
Wann kommt jetzt dein neues Buch?
Lange keine Veröffentlichung – ich weiß! Wir haben uns jetzt auf den 04.03.2023 verständigt – ich habe das Manuskript zwar fast fertig, der Verlag war sich aber sicher, dass das Buch mit seinem motivierenden, leichten Ansatz, das Alleine-Sein neu zu besetzen, besser in den Frühling passt. Da stimmen wir zu, oder? Ab Oktober wird es im Buchhandel angekündigt und kann ab dann vorbestellt werden (und ich freue mich natürlich sehr, wenn ihr das macht. Vorbestellungen sind für Autor*innen suuuper wichtig, weil sie Verlag und Buchhandlungen zeigen, woran gerade Interesse besteht, was ausgelegt wird –etc.). Euch mehr zum Manuskript zu erzählen, welchen Zeitraum und welche Geschichten ich anekdotisch erzähle, hebe ich mir noch dafür auf, für die Ankündigung oder den Launch. :-)
Also, vierter März, tragt es in eure kleinen süßen bunten Kalender ein.
Wie läuft das Schreiben?
Für “Alleine sein” habe ich gerade noch zwei volle Monate. Ende Juli (spätestens 1. August) muss das fertige Manuskript beim Verlag sein. Dann geht es ans Überarbeiten mit meiner Lektorin. Nebenbei habe ich angefangen, an einem Roman zu schreiben. Es fing im April als kleine “Schreibblockaden-Schreibübung” an, aber ich habe in zwei Wochen intensivem daran arbeiten 25.000 Wörter runtergetippt (knapp ein Drittel, mindestens ein Viertel der Endlänge!). Ich widme mich dem wieder, wenn ich abgegeben habe – also ab August.
Was planst du für den Rest deines Jahres?
Mein Masterstudium zu beenden (also die Kurse). Die nächsten zwei Monate sind daneben Vollzeit dem Manuskript zu “Alleine sein” gewidmet. Danach möchte ich gerne anfangen, mit regelmäßigen Schreib-Workshops zu arbeiten: Dafür studiere ich meinen Master ja. Das Interesse, als ich das ganze mal bei Instagram abgeklopft habe, war super groß! Darüber hinaus: Regelmäßige Schreibimpulse und weiteres zum Thema – da kommt noch viel, dem, und meinem erwähnten angefangenen Roman, widme ich auf jeden Fall beruflich die zweite Jahreshälfte. Meine Masterarbeit werde ich deswegen auf Anfang nächsten Jahres verschieben.
Privat will ich gerade gerne viel weg sein – wie weiter oben erwähnt. Ich will mehr remote arbeiten, und das einfach nutzen, dass ich überall meinen Laptop aufschlagen und wütend in die Tasten hauen kann (oder glücklich, je nachdem). Wenn es jetzt nicht mit Spanien geklappt hat, dann vielleicht im Herbst?
gelesen
Mein aktuellster Favorit war “Die 7 Männer der Evelyn Hugo”. Gerade lese ich hauptsächlich Recherche zu Einsamkeit und viel für die Uni über Schreibtechniken und ihre Wirkung.
gehört
Auf der Suche nach meiner spanischen Persönlichkeit gerade viel Latin Music (hier meine travel playlist), die Playlist vom Airbeat One und dass Bear’s Den die beste Musik für alle anderen Lebenslagen macht, darüber müssen wir ja gar nicht reden.
geplant
Ende Juni geht es nach Island mit meinem Papa, diesen Sommer auf zwei Festivals. Sport und ist das, was mich gerade gut fühlen lässt. Ich würde gerne einen Handstand können und würde gerne endlich mal 18-20kmh beim Bootcamp im Sprinten schaffen (gerade bin ich max. bei 14-15). Außerdem bin ich seit meiner Knieverletzung Oktober `19 nicht mehr als 5 km am Stück gelaufen. Das wären so Ideen für nächste kleinere Ziele …
gelernt
Etwas nicht gut sein zu lassen. Dass es auch Gutes hat, nicht zu bekommen, was man will.
angefangen
Mich mit meiner mentalen Gesundheit zu beschäftigen, vor allem die letzten zehn Monate Post Covid. Und: Ich mache mir gerade ständig nächtliche Notizen. Morgens wache ich auf, checke bei einem Kaffee mein Handy und denke mir: wtf??
Ich habe gerade Lust auf Sommer, auf die Wochenenden wieder mit dem Bulli am See zu verbringen. Das Stand Up Board auszupacken und neue Wanderstrecken in der Umgebung zu erkunden. Lust, das beste hier aus dem Sommer zu machen, neue Ecken zu entdecken, eben mit dem Wissen, dass meine Zeit hier endlich ist. Wenn man weiß, dass etwas, wenn auch nur vielleicht, ein Ablaufdatum hat, genießt man es noch viel mehr. Dann fühlt sich alles noch einmal um einiges intensiver an …
Welche Geschichte erzählt dein Leben?
love, lui
Hanna says
❤️❤️
Janina says
❤️
So schön zu lesen!
Nicola says
Eigentlich wollte ich sofort einen “bravo”-Kommentar hinterlassen zwecks Interaktion, aber das Gelesene klang irgendwie überwältigend, nicht so sommerlich leicht wie ich vielleicht erwartet hatte, anders, aber melancholisch schön.
Marie Luise Ritter says
das stimmt <3
Daniela says
Liebe deine Texte ♥
Antonia says
Deine Worte klingen nach meinen Gedanken. “Es muss nicht immer alles gut sein”, und vielleicht hilft genau der Gedanke doch dabei, dass es grade ein bisschen besser wird. ♥
Clara says
Schön zu lesen und so inspirierend :)
Julia says
Danke liebe Luise für deine Ehrlichkeit und deine so privaten und tiefen Einblicke ❤️
Wie du sagst: es ist auch mal gut wenn es nicht perfekt ist.
Es ist auch mal richtig, wenn Dinge anders kommen als wir geplant hatten.
Am Ende kommt alles sowieso so, wie es kommen soll? Oder?
Danke für dein Sein ❤️
Marie Luise Ritter says
Danke & gerne. So ist es …
keinleisetreter says
ich liebe Deinen Blog sehr;)
Julia says
So schön, mal wieder längere Blog-Beiträge zu lesen. Danke fürs Teilen und Teilhaben lassen.